Kompetenzanalyse mit dem ProfilPass

Für mitreisende PartnerInnen , die durch ihre Entsendungen und Umzüge nicht durchgehend erwerbstätig sind, aber natürlich auch für alle anderen Menschen, ist eine Kompetenzanalyse eine hilfreiche Methode. Sie ermöglicht es, sich umfassend und sachlich mit den eigenen Erfahrungen und Fähigkeiten, vor allem auch mit den vielfältigen informell erworbenen Kompetenzen zu befassen. Wir lernen ja im Grunde ständig und überall, nicht nur in formalen Bildungseinrichtungen (Schule, Ausbildung, Hochschule, Universität) oder in non-formalen Weiter- und Fortbildungen, sondern mehr oder weniger unbewusst auch bei der Arbeit beziehungsweise jeder Tätigkeit, die wir vollziehen. In der Familienarbeit wie im Ehrenamt oder anderem sozialen Engagement, beim Hobby, oder einfach auch durch unsere Anpassungen in verschiedenen persönlichen Lebensphasen. Sogar vielen Menschen, die im Beruf stehen, ist nicht bewusst, über welche besonderen Kompetenzen sie eigentlich verfügen. Meistens funktioniert man „automatisch“.

Auslandsaufenthalte sind natürlich ein intensives Feld für das informelle Erwerben von Kompetenzen. Sich ihrer nicht bewusst zu werden und sie nicht aktiv zu nutzen, ist schade. Eine Kompetenzanalyse kann dabei ein reflektierendes Innehalten sein, ein ganz persönliches Würdigen der eigenen Leistungen, eine Stärkung der Identität. Sie kann aber auch Grundlage für einen beruflichen Wiedereinstieg, einen Wechsel des Berufsfeldes und natürlich für konkrete Bewerbungen sein.

Besonders hilfreich für eine berufliche Situation sind solche Kompetenzen, die wir zwar in einem bestimmten Tätigkeitsbereich erworben haben, aber auch in anderen Bereichen einsetzen können. Ein Beispiel: Nicht alle PartnerInnen, die ihre internationalen Umzüge gut „managen“, möchten deshalb gleich Relocation-ManagerIn werden. Aspekte wie etwa Organisations- und Improvisationstalent, Zeitmanagement, sprachliche und interkulturelle Kompetenzen, Verständnis oder auch Wissen beispielsweise im Versicherungsbereich, Verantwortungsbereitschaft, Belastbarkeit oder Frustrationstoleranz können auch in ganz anderen Zusammenhängen wertvolle Stärken darstellen.

Eine etablierte Methode der umfassenden Kompetenzanalyse ist der ProfilPass. Er ist Ergebnis eines jahrelangen Projekts zur Erforschung und Entwicklung eines Weiterbildungspasses mit Zertifizierung (!) informellen Lernens. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert sowie durch den Europäischen Sozialfonds kofinanziert. Durchgeführt wurde die Forschung und Entwicklung vom Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE), dem Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) sowie dem Institut für Entwicklungsplanung und Strukturforschung (IES). Der ProfilPass wird ständig weiterentwickelt und mittlerweile auch in verschiedenen europäischen Ländern eingesetzt. Er ist in einige Sprachen übersetzt, zum Beispiel ins Englische.

Ausdrückliches Ziel der Kompetenzanalyse mit dem ProfilPass ist es, informell erworbene Kompetenzen besser dokumentieren zu können, um so eine Durchlässigkeit im europäischen Arbeitsmarkt zu unterstützen. Bei der Anerkennung informell erworbener Kompetenzen tut sich die deutsche Bildungs- und Arbeitslandschaft jedoch noch recht schwer. Andere europäische Länder sind hier bereits weiter. Aktuell ist der ProfilPass natürlich auch in der Diskussion um die Anerkennung von Kompetenzen bei Flüchtlingen.

Es ist möglich, die Methode ProfilPass für sich alleine mit dem entsprechenden, in jedem Buchhandel erhältlichen Material durchzuführen. Es gibt auch eine Version für junge Leute. Ratsam ist jedoch das Hinzuziehen ausgebildeter BeraterInnen, die den Prozess leiten und über die festgestellten Kompetenzen auch Zertifikate ausstellen dürfen. Klar sollte jedoch sein, dass der ProfilPass kein „Test“ ist, sondern eine qualitative Methode, die auf Befragung, Beschreibung, Reflexion und Analyse setzt. Anhand bestimmter Arbeitsschritte werden alle Lebensbereiche wie Schule, Ausbildung, Praktika, Wehr- oder Ersatzdienste, soziale / ökologische Jahre (o.Ä.), Ehrenamt, soziales oder politisches Engagement, Berufsleben, Familie und Hobby erarbeitet. Für mitreisende PartnerInnen ist die zusätzliche Rubrik der „besonderen Lebenssituationen“ eine besonders lohnende Chance, sich spezielle Erfahrungen bewusst zu machen sowie sie zu dokumentieren und zu nutzen.

Ute Ohme

Dr. phil. Ute Ohme war bereits während ihres musikwissenschaftlichen Studiums als mitreisende Partnerin in Nepal, dann folgten mehrjährige Aufenthalte in Simbabwe, der Türkei und Südafrika sowie auch innerdeutsche Umzüge. Ute Ohme hat sich ihre beruflichen Betätigungsfelder stets sehr kreativ erarbeitet, zunächst als Organisatorin von Kulturprojekten sowie musikwissenschaftliche Dozentin, später als Organisatorin von Projekten im Bereich Lernen und Erwachsenenbildung. Sie hat zwei erwachsene Kinder und ist heute Beraterin und Coach.

Das könnte dich auch interessieren …