Werden Mitreisende zum Wirtschaftsfaktor?

Gerade ist der 20. Jahresbericht Globale Mobilität der Brookfield Global Relocation Services erschienen. Brookfield GRS ist ein amerikanischer Relocation-Dienstleister für Beschäftigte multinational operierender Unternehmen. Brookfield GRS hat Niederlassungen in Großbritannien, Südamerika sowie Asien und bietet seine Dienste weltweit an.

Die Daten für den vorliegenden Bericht wurden zwischen Oktober und Dezember 2014 erhoben, teilgenommen an der Umfrage haben 143 Unternehmen, die global unterschiedlich aufgestellt sind und in unterschiedlichen Branchen operieren (Technik und Produktion, 29 %, Konsumgüter, 16 %, Finanzdienstleistungen, 15 %, Informationstechnik, 11 %, Energie, 11 %, Gesundheitswesen, 11 %, andere, 7 %). (S. 4) Eine vollständige Liste aller teilnehmenden Unternehmen findet sich auf Seite 88 des Berichts.

Aus der Umfrage geht hervor, dass 88 % der befragten Unternehmen erwarten, dass sie in Zukunft mehr (43 %) oder zumindest gleich viele (45 %) MitarbeiterInnen ins Ausland entsenden werden. (S. 1)

Die Entwicklung von Führungspersonal mit globaler Denkweise ist daher heutzutage essentiell für Unternehmen, die international operieren. (S. 5)

Um dem Mangel an Führungskräften, die in einer globalisierten Arbeitswelt eingesetzt werden können, entgegenzuwirken, bedarf es eines Talente-Managements, das Firmen wettbewerbsfähig macht. Mobilität spielt hierbei zunehmend eine Rolle.(S. 5) Diesem Management hat sich Brookfield GRS verschrieben, die jährlich erscheinende Studie bietet die Grundlage für neue Trends und zu berücksichtigende Herausforderungen.

Brookfield GRS sieht folgendes Dilemma: Einerseits gibt es einen steigenden Bedarf an international einsetzbarem Personal, andererseits aber auch die Schwierigkeit, geeignetes Personal im Ausland einsetzen zu können, weil familiäre Belange dies verhindern. Aus der umfangreichen Brookfield-Studie soll im Folgenden das Thema Einfluss der Familie bei der internationalen Stellenbesetzung herausgegriffen werden:

Familiäre Belange waren die am häufigsten angegebenen Gründe für die Ablehnung eines Jobangebots. 35 % der befragten Unternehmen gaben an, dass die beruflichen Laufbahnen der PartnerInnen aktuell eine Auswirkung auf die internationalen Einsatzmöglichkeiten von Personal haben. 69 % glauben, dass die beruflichen Karrieren der PartnerInnen in der Zukunft zunehmend eine Rolle spielen werden bei den Möglichkeiten der Stellenvergabe. (S. 13)
Immerhin scheiterte in den befragten Unternehmen die internationale Entsendung von 17 % der Kandidaten, weil es Widerstände der PartnerInnen gab. (S. 75)
Trotzdem unterstützt die Mehrheit der befragten Unternehmen die PartnerInnen nicht in ihrem beruflichen Fortkommen während der Entsendung, sondern stellt lediglich Mittel zum Spracherwerb und für interkulturelles Training zur Verfügung. (S. 14)
Für viele Mitreisende führt die Entsendung nicht nur zu beruflichen Einschränkungen und finanzellen Einbußen, sondern könnte auch Auswirkungen auf ihre längerfristige Karriereplanung haben. Da international 81 % Männer entsendet werden, sind davon überwiegend mitreisende Frauen betroffen (vgl. S. 14).

Laut der Brookfield-Umfrage unterstützen die entsendenden Firmen die PartnerInnen in folgenden Bereichen:

Spracherwerb (75 % der befragten Firmen),
interkulturelles Training (64 %),
Ausbildung und Schulungen (41 %),
Beratung zu Arbeitsgenehmigungen (37 %),
Hilfe bei der Karriereplanung (35 %),
steuerliche Beratung (31 %),
Jobsuche inkl. anfallender Gebühren (27 %),
Ehepartner-Zuschlag (23 %),
Hilfe bei der Suche von Netzwerken und ehrenamtlichen Tätigkeiten (20 %),
Klub-Mitgliedschaften (17 %),
Beschäftigungsangebote im eigenen Unternehmen (15 %),
es wird keinerlei Unterstützung gewährt (6 %),
Kompensation für entgangene Einkünfte (1 %),
Sonstiges (6 %). (S. 76)

Viele Aspekte spielen bei der Entsendung von Arbeitskräften ins Ausland eine Rolle. (Ehe-)PartnerInnen von BewerberInnen müssen bei einem sinnvollen Mobilitätsmanagement zunehmend berücksichtigt werden. Sie sind ein Faktor, der bei den Überlegungen eines Unternehmens einkalkuliert werden muss, wenn die Rechnung wirtschaftlich aufgehen soll.

Quelle: Global Mobility Trends Survey Report 2015; http://globalmobilitytrends.brookfieldgrs.com/assets/downloads/Full-Report-Brookfield-GRS-2015-Global-Mobility-Trends-Survey.pdf

Andrea Komes

Andrea Komes´ Auslandserfahrungen begannen als „Reisende“ in Großbritannien, Spanien und den USA. Seit 19 Jahren ist sie „Mitreisende“ und hat ihren Mann bisher nach Polen, Tansania und Irland begleitet. Sie ist Philologin und Verlagskauffrau und arbeitet als freie Lektorin, zum Beispiel für diese Website. Zudem besteht ihre neueste berufliche Herausforderung darin, Frühenglisch in Kindergärten zu unterrichten. Andrea Komes lebt zurzeit mit Mann und Zwillingstöchtern in Berlin.

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